Lampertheimer Zeitung vom 23. Januar 2019
von Harald Berlinghof
Knotenstudie zum künftigen Bahnverkehr in Mannheim stellt 13 Teilprojekte vor – von Worms bis Graben-Neudorf
MANNHEIM. Die Region will, dass die Bahn nicht nur ihre Vorzugsvariante für den Güterverkehr, der durch Mannheim rollen soll, in der Planfeststellung prüfen lässt, sondern dass alle technisch und wirtschaftlich machbaren Möglichkeiten geprüft werden. Dazu wird man in den nächsten Wochen einige Varianten gutachterlich untersuchen lassen und sie dann dem Bund unterbreiten. „Aber wir als Region werden keine konkreten Trassenverläufe vorschlagen“, erklärt Landrat und Verbandsvorsitzender Stefan Dallinger. „Wir sind nicht die Planer. Ob es für unsere Vorschläge geeignete Trassen gibt, müssen die Planer beantworten.“
Mehr als drei Stunden tagte das Regionalforum Schienenkorridor Rhein-Neckar. Vertreter des Bundesverkehrsministeriums erläuterten in der nichtöffentlichen Sitzung erstmals in detailreichen Präsentationen die Knotenstudie zum künftigen Bahnverkehr in Mannheim. Die Region trifft sich anlassbezogen immer wieder im Regionalforum Schienenkorridor
Rhein-Neckar. Darin sitzen die Vertreter der vom Schienenkorridor Rhein-Main/Rhein-Neckar betroffenen Kommunen neben den Landräten, einige Vertreter der drei Bundesländer
Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen, Vertreter des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar (VRN) sowie die regionalen Bundestags- und Landtagsabgeordneten.
Gleisausbau am Ludwigshafener Bahnhof?
Deutlich wurde in der Sitzung, dass die Knotenstudie der Bahn nicht nur unmittelbar die Stadt Mannheim betrifft, sondern die gesamte Schienenführung zwischen Worms und
Graben-Neudorf. Bisher war man von sieben Teilprojekten größerer und kleinerer Natur ausgegangen. Nun wurden jedoch 13 solcher Teilprojekte vorgestellt, die erst in den kommenden Tagen im Internet der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Darunter befanden sich einige, die bislang nicht in der Diskussion waren. Dazu gehört zum Beispiel der Gleisausbau am Ludwigshafener Bahnhof um 740 Meter, um darauf Güterzüge zwischenzeitlich abstellen zu können, aber auch ein Überführungsbauwerk im Schwetzinger Norden, um bestehende Bahntrassen zusammenzuführen. Angesichts der dort liegenden Naturschutzgebiete glaubt allerdings kaum jemand an die Verwirklichung dieser Idee.
Die Bahn will die Güterzüge, die aus Frankfurt/Main in Richtung Süden unterwegs sind, und auch die in umgekehrter Richtung, über die östliche Riedbahn fahren lassen. Diese
in der Region höchst umstrittene Vorzugsvariante soll durch die Reaktivierung des seit 30 Jahren stillgelegten zweiten Gleises der östlichen Riedbahn möglich werden. Die Anwohner, die Bürgerinitiativen aus der gesamten Region, die Stadt Mannheim und der Verband Region Rhein-Neckar wehren sich mit aller Kraft dagegen. Die Reaktivierung eines stillgelegten Gleises hat neben dem rein wirtschaftlichen Aspekt noch einen anderen Vorteil für das Bundesunternehmen: Für Aus- und Umbaumaßnahmen gelten nicht so strenge Vorgaben in Bezug auf Lärmemissionen wie für Neubaustrecken. Eine zentrale Forderung der Region ist das Festhalten an der Verkehrslenkungsmaßnahme, die vorsieht, ICE-Züge am Tage und den Güterverkehr bei Nacht auf die Rhein-Main/Rhein-Neckar-Verbindung zu schicken. Außerdem soll der S-Bahn-Verkehr angemessen auf der Trasse berücksichtigt und optimiert werden. Man fordert auch an Ausbaustrecken Lärmschutzmaßnahmen, die denjenigen an Neubaustrecken entsprechen.
„Ein von der Bahn vorgeschlagener Koordinierungsrat ohne Beteiligung der Bürgerinitiativen gegen Bahnlärm ist unserer Meinung nach nicht zielführend“, betonte Mannheims
Oberbürgermeister Peter Kurz nach Beendigung der Sitzung. Vielmehr fordert man einen „Projektbeirat“ nach südbadischem Vorbild, der alle Akteure an einen Tisch bringt.
© Lampertheimer Zeitung, Mittwoch, 23.01.2019